Bobfahren in St. Moritz

St. Moritz das Mekka der Bobfahrer und ich mittendrin. Meine erste Fahrt in einem Bob-ein bleibendes Erlebnis.

Was hat der Juni mit Island und Bobfahren gemeinsam? Auf den ersten Blick recht wenig. Aber am 6. Juni 2008 wurde ich vierzig Jahre alt und befand mich zu dieser Zeit in Island. So weit so gut aber wie passt das Bobfahren in diesen Zusammenhang? Freundlicherweise hatte Liliane eine Überaschungsparty für mich organisiert, die am Wochenende meiner Rückkehr stattfand. Das Geschenk aller Beteiligter war ein Bobtraining in St. Moritz und so schliesst sich der Kreis dann wieder. Die Ereignisse im letzten Juni führten also dazu, dass ich am letzten Freitag im Januar mit Sack und Pack nach St. Moritz fuhr. Mit dabei war natürlich auch Liliane und allerlei Gepäck, der Dacia war voll als ob es für 3 Wochen in die Ferien ginge. Zürich überraschte uns mit einem schönen Stau, der uns so gut gefiel, dass wir fast eine Stunde darin verbrachten. Ansonsten verlief die Anfahrt nach Celerina, wo wir unser Hotel gebucht hatten aber ereignislos. Der Samstag zeigte sich von der Besten Seite, ein quietschblauer Himmel und super Schneeverhältnisse lockten uns auf die Piste, allerdings war es Morgens mit -18°C noch bitterkalt. So toll der Samstag war so schlecht war das Wetter am Sonntag. Teilweise konnten wir auf der Piste gar nix mehr sehen und so verbrachten wir einen grossen Teil des Tages in den verschiedenen Bergbeizen. Dafür war nix los und der Schnee war super. Abends konnte ich dann noch meine Skating Skis zum Einsatz bringen und ein paar Kilometer auf der legendären Engadiner Skimarathon Strecke abspulen. Danach stimmte der Hunger und wir konnten nach längerem Suchen eine richtig tolle Pizzeria finden. Somit war das eigentliche Wochenende beendet und wir konnten uns auf den Montag konzentrieren, denn da stand das Bobtraining mit dem Bobteam Albrecht auf dem Programm-dem eigentlichen Geburtstagsgeschenk des letzten Jahres. Bei heftigstem Schneefall fuhren wir zur alterwürdigen Bobbahn in St. Moritz. Dort war erst einmal Warten angesagt, weil ein britisches Skeleton-Team noch am trainieren war. Das war aber kein Problem, da die Bahn bestens ausgerüstet ist und es ein Restaurant gibt, sogar mit Aussicht auf den Startbereich der Bahn.

Das Bobteam Albrecht-und ich bin dabei

Der Start der legendären Bobahn von St. Moritz

Irgendwann hiess es dann Ausrüstung fassen für mich. Ich bekam einen Helm, Nagelschuhe und ein Kevlarhemd in das ich ca. 2 Mal reingepasst hätte. Kein Wunder da der ideale Bobpilot anscheinend 105 kg auf die Waage bringt und mir dafür doch das ein oder andere Kilo fehlt. Anscheinend führt ein Sturz zu ziemlich heftigen Verbrennungen, sollte man aus dem Bob rausfallen und über das Eis ins Ziel schlittern. Darüber hatte ich mir bis zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Gedanken gemacht. Aber mir wurde auch versichert das Zweierbobs einfacher kippen und ich war ja für einen Viererbob vorgesehen. Uff Glück gehabt! Unser schöner schwarzer Bob stand vor der Umkleidekabine im Schnee, ich war für die Position 2 vorgesehen und lernte erst einmal wie ich einsteigen muss. Hinten am Bob gibt es jeweils ein kleines Trittbrett für die Anschieber auf den Positionen 2 und 3. Dieses braucht man um nach dem Anschieben in den Bob springen kann. Das ungewöhnlich ist nur dass man über Kreuz draufsteigen muss, das heisst mit dem vom Bob abgewandten Bein, denn sonst hat man schwierigkeiten mit dem jeweils Anderen Bein in den Bob zu springen. Dieses Vorgehen schien mir logisch und im Stillstand beim Trockentraining ist das ja alles kein Problem. Da hat man Zeit und muss noch nicht rennen bzw. anschieben. Denn rennen alleine hilft ja auch nicht, man sollte ja noch den schönen schwarzen Bob ebenso auf Geschwindigkeit bringen und der ist gar nicht so leicht.

Bloss nicht absitzen bevor das Kommando kommt... Startkommando abwarten...

Konzentration am Start (Trockentraining)

Nachdem das mit dem Einsteigen bzw. dem Reinspringen geklärt war kam Punkt 2 – ich durfte zwar als Zweiter reinspringen aber nicht absitzen, sonst kämen die Hintermänner nicht mehr in den Bob und das Gefluche von Hinten wäre entsprechend gross. Da heisst es abwarten bis der Bremser an Board ist und OK schreit – erst dann darf man hinsitzen.

Alle Mann im "boot"

Anschieber Kunz

Alle drin

Und noch einmal zum üben

Schieben was das Zeug hält

Wobei das Wort sitzen relativ ist. Beim hinsitzen sollte man in einem doch recht schmalen Rennschlitten darauf achten die ca. 12 mm langen (und in grosser Zahl vorhandenen) Stachel am Schuh nicht dem Vordermann in die Waden zu bohren- auch dann wäre das Gefluche wieder gross- allerdings in diesem Fall von Vorne. Sitzt man dann wirklich auf dem nackten Boden des Bobs, gilt es noch die Hände an die Griffe zu bringen die ebenfalls am Boden montiert sind. Auch hier gilt es über Kreuz zu fassen damit man stabiler sitzt. Was das genau heisst wird dann bald nach dem Start klar aber dazu gleich. Nachdem wir also ein paar Mal unser Trockentraining mit Reinspringen, überkreuzen und vor allem nicht-absitzen absolviert hatten und die Skelettonfahren endlich fertig waren, wurde der Bob an den Start geschoben. Durch den starken Schneefall musste erst der obere Teil der Bahn wieder gereinigt werden. Denn dort gibt auf einer Länge von rund 50 m Rillen am Boden. Diese helfen dem Piloten während der Startphase, wo er ja ebenfalls rennt, den Bob in in der Spur zu halten. An die Lenkseile kommt er ja erst, wenn er einmal im Bob sitzt.

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Auch wenn es nur ein normaler Trainingstag war, so hatte es doch recht viele Zuschauer entlang der Strecke. Viele scheinen den Weg von Celerina entlang der Bahn abzulaufen und den herunterkommenden Bobs zuzusehen. Der Streckensprecher war ebenfalls vor Ort und sämtliche Videoleinwände und Kameras entlang der Strecke waren auch in Betrieb. Irgendwann tauchten unsere Namen auf den Infotafeln auf und die Lautpsrecher entlang der Strecke verkündeten dass der 4er Bob mit Pilot Niki Albrecht am Start wäre. Unsere Namen wurde auch noch alle aufgerufen und so langsam wurde ich doch etwas nervös. Nicht weil ich Angst hatte da hinunterzufahren, das stellte ich mir ähnlich wie bei einer Achterbahn vor, meine Sorge war es eher den Start zu verhauen, weil mir vielleicht einer der Sachen die wir zuvor geübt hatten nicht mehr einfiel. Der Bob stand am Start des Eiskanals und wir daneben – noch mussten wir die Überschuhe ausziehen, welche die Stacheln an den Schuhen schützen und danach unsere Startpositionen einnehmen.

Bob Albrecht am Start

...und los geht's - Vollgas!

Niki gab das Kommando und los gings, voll losrennen und einen Bob schieben steht normalerweise bei mir nicht auf dem Programm und selten sind meine Lauftrainings nur 50 m lang. Irgendwann sprang Niki rein und ich hinterher, gerade noch dran gedacht, dass ich ja nicht absitzen darf und dann kam auch schon das OK von hinten. Alle waren im Schlitten und niemand lag auf der Bahn, der Teil hatte also schon einmal geklappt. Also kurz tief durchatmen und die Hände schön über Kreuz an die Metallbügel dann die Fahrt geniessen – Dachte ich zumindest.

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Während unseres Trockentraings wurde uns noch eingebleut den Kopf oben zu behalten und möglichst auf das obere Kurvenende zu schauen wegen der Wirbelsäule bzw. dem Nacken. Nach den ersten zwei Kurven dachte ich mir das ist schon recht schnell, weil die Bäumen links und recht nur so vorbeiflogen, aber ich war noch recht entspannt. Genau bis zu dem Zeitpunkt als wir ans Horseshoe kamen, eine lange und sehr hohe Kurve, die an sich noch gar nicht so schlimm ist aber dazu dient zu beschleunigen und danach gings dann wirklich ab. Wir hatten in der Zwischenzeit auf etwa 135 km/h beschleunigt und frästen durch einige schnell aufeinanderfolgende Kurvenkombination, ich wusste nun warum ich den Kopf oben behalten sollte, denn es stauchte einen wirklich hefitg zusammen in den Engen Kurven im unteren Streckenteil. Die kamen so dermassen schnell, dass ich mich Fragte wie man da überhaupt noch Zeit hat zum lenken. Aber Niki kennt die Strecke in und auswending und machte seine Sache gut. Dummerweise kannte ich die Strecke nicht und das mit dem nach oben schauen war gar nicht so leicht, vor allem wenn es einen mit 4,5G in die Ecke drückt.

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Ich musste die komplette Fahrt voll auf die Zähne beissen und mich komplett anspannen um den immensen Druck auf meinem Körper abzufangen. Kein Wunder haben die Profis alle einen Stiernacken und sind die reinsten Muskelpakete. Mir hat’s ein paar Mal ganz schön eine in den Nacken reingehauen. Nach 1 Minute und 17 Sekunden war der Spass vorbei und Beat der Bremser wurde aktiv. Wow das war wirklich der Hammer! Und es war mir länger als diese 77 Sekunden vorgekommen, eine Zeit mit der man im übrigen in keinem Rennen wirklich einen Blumentopf gewinnen könnte.

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Gleich nach uns kam der zweite Trainingsschlitten- ein Zweierbob den es promt nach dem Horsehoe zerlegte und bis unten rutschte. Der Fahrer sah nicht sehr glücklich aus als er wieder bei uns im Ziel war. Aber aller Anfang ist schwer vor allem für die Piloten. Man muss eine Bobschule machen und dann heisst es üben, üben und noch mals üben. Und die Fehler die man hier macht tun hier richtig weh, er hat jedenfalls an dem Tag auf die zweite Fahrt die eigentlich jedem Team zusteht verzichtet. Wir aber nicht. Unser Bob wurde auf einen Laster verladen und schon gings mit uns auf der Ladefläche wieder zum Start. Dort war mittlerweile richtig was los, denn die Taxifahrten hatten begonnen. Für 250 CHF kann man einmal runterfahren, zusammen mit einem ehemaligen Welcup-Bobpiloten an den Lenkseilen. Hört sich teuer an, aber damit werden die grossen Kosten für die Bahn finanziert, immerhin rund 1,5 Millionen Franken pro Saison. Irgendwann stand dann auch wieder Bob Albrecht auf der Starttafel und wir konnten unseren zweiten Trainingslauf beginnen. Dieses Mal war es viel cooler, weil ich ja schon wusste was mich erwarten würde. Der Start klappte zwar nicht so super wie beim ersten Mal aber wir sassen alle im Bob. Ich konnte die zweite Fahrt richtig geniessen da ich mich nun auf die Kurven und die damit verbundenen Kräfte besser vorbereiten konnte. Das ganze hat richtig Spass gemacht und ich hab mich sehr über mein Geburtstagsgeschenk gerfreut. So was macht man nicht jeden Tag und ich werde das sicher auch in meinem Leben nicht vergessen. Also noch einmal ein herzliches Dankeschön an alle die ihren Teil dazu beigetragen haben mir das zu ermöglichen.

Euer Jan

3 Antworten auf „Bobfahren in St. Moritz“

Vielen Dank für den Reisebericht nach St. Moritz. Das tönt ja wirklich sehr spannend & aufregend! Wir sind natürlich auch froh dass alles so gut geklappt hat & du dein Geschenk geniessen konntest.
Äs liebs Grüessli & hoffentlich bis bald…

Sibille&Beat

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